DOMUM NEWSLETTER 02 | 2024
Wahrnehmung von generationenübergreifenden Nachbarschaftskontakten in einer Domum Mehrgenerationensiedlung
Inmitten des gesellschaftlichen Wandels gewinnen neue Wohnbedürfnisse wie das Mehrgenerationenwohnen und nachbarschaftliche Unterstützungsnetzwerke zunehmend an Bedeutung. In dieser Dynamik spielen positive Generationenkontakte in den Nachbarschaften von Mehrgenerationensiedlungen eine entscheidende Rolle. Ein Beispiel hierfür ist Domum, wo solche Kontakte durch die soziokulturelle Animation eines Siedlungscoachs gefördert werden.
Lisa Birrer widmete sich in ihrer qualitativen Forschungsarbeit dem Fallbeispiel der Mehrgenerationensiedlung Domum, um zu untersuchen, wie die verschiedenen Altersgruppen bei Domum wahrgenommen werden und welche Bedeutung diese Wahrnehmungen für das gemeinschaftliche Zusammenleben haben. In einer Gruppendiskussion mit Mietenden unterschiedlicher Generationen wurden die Forschungsfragen beantwortet, wobei der Fokus nicht nur auf theoretischen Erkenntnissen lag, sondern auch auf den praktischen Implikationen für das Siedlungscoaching.
Die Ergebnisse der Forschung zeigen, dass die Wahrnehmung generationenübergreifender Nachbarschaftskontakte vielfältig ist. Eine zentrale Erkenntnis ist jedoch, dass nachbarschaftliche Sympathien oft eine wichtigere Rolle spielen als das Alter und somit das Alter für die meisten Mietenden sekundär ist.
Die Vorstellungen darüber, wie verschiedene Altersgruppen wahrgenommen werden, hängen oft mit den eigenen Generationenzuschreibungen zusammen. Diese Zuschreibungen entsprechen jedoch selten der Realität, wie sich während der Gruppendiskussion herausstellte. Beispielsweise wurde festgestellt, dass laute Musik von Mietenden aller Generationen geschätzt wird. Regelmässige altersübergreifende Kontakte können dazu beitragen, dass solche Zuschreibungen abgebaut werden, was wiederum das gemeinschaftliche Zusammenleben fördert und den Zusammenhalt stärkt.
Armin* schilderte während der Diskussion seine anfänglichen Bedenken über seinen Nachbarn Reto*, die sich jedoch schnell als unbegründet erwiesen. Er berichtete: «Dann habe ich Reto getroffen, der gerade eingezogen war, und es war total unkompliziert. Er ist sehr offen und gesprächig. Alle meine Bedenken waren plötzlich verschwunden. Ich dachte sogar, er würde vielleicht selbst mit einem Bier vorbeikommen, anstatt sich zu beschweren.»
Besonders für ältere Mietende ist die Generationendurchmischung in der Siedlung von grosser Bedeutung. Sie betonten die Wichtigkeit intergenerationeller Nachbarschaftskontakte, die ihnen ein Gefühl von Vitalität vermitteln und sie emotional einbinden. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass Begegnungen zwischen verschiedenen Altersgruppen die soziale Teilhabe fördern können.
Ein Teilnehmer der Gruppendiskussion fasste die Bedeutung der Generationenkontakte in seiner Mehrgenerationensiedlung wie folgt zusammen: «Ich finde es toll, die verschiedenen Generationen zu haben! Die Älteren bringen Lebenserfahrung und gute Geschichten mit, während die Jüngeren über moderne Themen sprechen. Es entsteht ein gegenseitiger Austausch, von dem man viel lernen kann.»
Die Gruppendiskussion ergab, dass freiwillige emotionale und praktische gegenseitige Unterstützung ein integraler Bestandteil des Wohnens bei Domum ist. Insgesamt sehen die Mietenden viele Vorteile in der Zusammenarbeit der verschiedenen Generationen und empfinden dies als persönliche Bereicherung.
Sie sind der Ansicht, dass die Beteiligten durch ihre verschiedenen Lebensphasen und Rhythmen unterschiedliche Aufgaben im Siedlungskontext übernehmen können, was sich positiv auf das Zusammenleben auswirkt. Die Anwesenheit älterer Personen tagsüber trägt beispielsweise zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl in der Siedlung bei. Besonders für alleinstehende Personen sind starke Gemeinschaften und lose Bindungen in der Nachbarschaft von grosser Bedeutung, da sie ein Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln.
Um eine intergenerationelle nachbarschaftliche Gemeinschaft zu entwickeln, ist es wichtig, dass sowohl gemeinschaftliche Angebote für generationenübergreifende Kontakte als auch die zur Verfügung gestellten Möglichkeitsräume, wie beispielsweise der Gemeinschaftsraum, genutzt werden. Dabei spielt das Siedlungscoaching eine entscheidende Rolle, indem es die Mietenden konstant animiert, motiviert und zusammenbringt.
Text: Lisa Birrer
Die Forschungsarbeit ist unter folgendem Link nachzulesen: https://zenodo.org/records/10671524
Gelebte Nachbarschaft in der Mehrgenerationensiedlung DOMUM Wetzikon
«Unsere Wege kreuzten sich bei einem Apéro oder vielleicht auch auf einem Grillfest – auf jeden Fall bei einer dieser gemeinschaftlichen Zusammenkünfte», erinnert sich Ronald (40) lebhaft an ihre erste Begegnung. Ronald, der gerne Zeit mit seiner Partnerin Nadine und ihrem verspielten Jack-Russell-Terrier verbringt, ist seit Beginn glücklicher Mieter einer Wohnung in der Mehrgenerationensiedlung Domum. Am liebsten schaut er Fussballspiele des VfB Stuttgart.
Daniel (60) liebt es zu reisen – insbesondere in nicht viel bereiste Länder – und ist sehr naturverbunden. Seine Hilfsbereitschaft zeichnet ihn genauso aus wie seine Offenheit, neue Personen in der Nachbarschaft kennenzulernen. «Ich bin noch nicht so lange Mieter in der Mehrgenerationensiedlung, habe mich aber schnell eingelebt und kann meine vielfältigen handwerklichen und gärtnerischen Kenntnisse in der Nachbarschaft einbringen», erzählt Daniel.
Ihre Verbindung gründet nicht nur auf gemeinsamen Interessen, sondern auch auf der Freude am offenen Miteinander. Sie meinen: «Der gute Austausch über die verschiedensten Themen verbindet uns. Zum Beispiel haben wir das letzte Mal zusammen über das Element Wasser philosophiert. Das klingt vielleicht seltsam, aber es war ziemlich interessant und unterhaltsam», erzählt Ronald schmunzelnd.
Gemeinsam nehmen sie an den Aktivitäten der Gemeinschaft teil und sind stets bereit, einander zu helfen. «Es ist schön zu sehen, wie verschiedene Generationen zusammenkommen und voneinander lernen», bemerkt Ronald. «Wir teilen unser Wissen mit anderen; zum Beispiel, wie man ein Hochbeet befüllt oder gute Säfte selbst herstellt. Daniel ist dafür ein wandelndes Lexikon», fügt er hinzu. Häufig sitzen sie an einem Abend zusammen, stossen an und schauen ein Fussballspiel. Daniel gesteht: «Obwohl ich mich eigentlich nicht für Fussball interessiere, schaue ich gerne Spiele, weil ich die Gemeinschaft und den vielseitigen Austausch mit Ronald schätze.» Damit sie besser zusammen Fussball schauen können, hat er einen Ständer gebaut, auf dem der Beamer nun steht. So fängt der Gemeinschaftsraum an zu leben und entwickelt eine persönliche DNA der Mietenden.
Ausserdem erinnert sich Ronald daran, wie Daniel ihm bei der Vorbereitung seines Geburtstags half: «Daniel hat Zahlenballons aufgeblasen und mich überrascht – das war toll.» Daniel meint ganz selbstverständlich, dass man hier auch nicht nein sage, wenn jemand Hilfe brauche – da seien er und viele andere hilfsbereit und versuchten, ihren Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten. Hilfreich ist es jedoch, wenn das jeweilige Anliegen ihren Interessen entspricht.
Bild: Daniel und Ronald beim Kochen
Positive Erlebnisse in der Mehrgenerationensiedlung sind zahlreich – von spontanen Grillpartys bis hin zu geselligen Apéros, die durch die Siedlungscoachs gefördert werden. «Einmal wollte ich Fussball schauen, obgleich niemand daran Interesse hatte. Da habe ich gesagt: Wer spontan Lust hat, kann zu mir kommen; so ist eine ganze Grillparty entstanden», erinnert sich Ronald. «Und solche Feiern gehen oft bis spät in die Nacht, wobei alle Generationen zusammenkommen und den Kontakt geniessen», fügt er hinzu.
Das Zusammenleben mit Menschen unterschiedlicher Altersgruppen bereichert ihr Leben. «Es ist faszinierend, die Lebenserfahrungen und Perspektiven verschiedener Generationen zu erleben», sagt Ronald nachdenklich. «Wir haben vergangene Zeiten nicht erlebt und können von den Erfahrungen älterer Menschen profitieren. Und handkehrum macht Ronald, der in der IT arbeitet und Software entwickelt, etwas, das ich gar nicht verstehe», fügt Daniel hinzu.
Für Ronald und Daniel ist die Mehrgenerationensiedlung Domum mehr als nur ein Wohnort – es ist ein Ort des Zusammenhalts, des Austauschs und der gemeinsamen Erlebnisse, der ihre generationenübergreifende Verbundenheit stärkt.
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